Hertha-Fans retten Eckkneipen

Er ist noch zu retten! Der Kugelblitz uffn Wedding in der Liebenwalder Straße 46.


Sport–
 PLUMPE Interview mit der Aktion Hertha-Kneipe.

Warum hat die Aktion so gut eingeschlagen – was waren die Voraussetzungen dafür?

Dafür waren wahrscheinlich mehrere Faktoren ausschlaggebend. Zum einen war das Zusammengehörigkeitsgefühl zu Beginn der Pandemie sehr stark. Jeder kannte Leute, die durch die Entwicklungen arbeitslos oder zumindest in Kurzarbeit geschickt wurden. Viele Läden mussten schließen – darunter eben auch die Lieblings(Hertha)kneipe. Der Wille zu helfen war sehr groß. Grundsätzlich muss man sagen, dass viele Fußballfans eine ausgeprägte soziale Ader haben. Darüber hinaus haben wir mit unserer virtuellen Kneipe einen Nerv getroffen. Die Leute saßen ununterbrochen zu Hause, waren oftmals isoliert. Und am Wochenende hat der Stadionbesuch mit Freunden, das Bier in der Kneipe gefehlt. Durch unsere Aktion kamen wir trotzdem zusammen, haben bekannte Freundschaften gepflegt und neue geschlossen.

Habt ihr direkt von Kneipen mitbekommen, die auf Grund der ausbleibenden Einnahmen schließen mussten?

Nein. Bei vielen unserer Kneipen war es sehr eng und sie hätten es ohne Hilfe und die dann erfolgten Lockerungen wohl nicht geschafft, aber zum jetzigen Zeitpunkt sind alle zehn von uns unterstützten Kneipen offen.

Euer letzter virtueller Stammtisch liegt nicht so lange zurück, das Projekt hat mit dem 128. Geburtstag von Hertha BSC geendet. Was bleibt von den in so kurzer Zeit gewachsenen Solidaritätsstrukturen und was lässt sich davon mitnehmen?

Wir haben wahrgenommen, dass sich viele diesen regelmäßigen Austausch wünschen. Der virtuelle Kontakt ersetzt natürlich nicht den persönlichen, aber er kann auch in „Normalzeiten“ eine sinnvolle Ergänzung sein, die gerade von vielen Exil-Herthanern rund um die Welt gerne wahrgenommen wird. Was die Solidaritätsstrukturen angehen, so denken wir, dass diese vorher bei vielen schon sehr ausgeprägt waren. Wir haben das auch genutzt, um beim virtuellen reinfeiern in Herthas 128. Geburtstag Geld für den Kinderschutzbund zu sammeln. Es gibt noch keine konkreten Pläne, aber wir können uns alle sehr gut vorstellen, unsere Energie, Reichweite und die gewachsene Struktur auch in Zukunft für wohltätige Zwecke einzusetzen.

Was hat für euch als Initiator*innen die Aktion am deutlichsten gezeigt?

Für die Gewissheit, dass wir eine sehr diverse Fanszene haben, die engagiert und immer hilfsbereit ist. Die nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern nach Lösungen für sich und vor allem auch für andere sucht und diese dann auch umsetzt. Und wer weiß, vielleicht mag die Tatsache, dass man als Herthafan durch jahrelange Skandale und Misserfolge sehr leiderprobt ist. ja auch ein wenig mit reinspielen.

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WICHTIG! – Anm.d.Red.

Nach dem Augsburg Spiel am 07.11.2020 werden die virtuellen Stammtische wieder losgehen. Die Links und Infos erhaltet ihr rechtzeitig auf den bekannten Kanälen:
„Wir sammeln diesmal nicht für eine spezielle Kneipe, sondern lassen unseren Moneypool den ganzen Monat offen. Wie immer gilt: Das Geld kommt zu 100% denjenigen zugute, die es benötigen. Wir werden in den nächsten Tagen mit den bisher unterstützten Wirten sprechen und sehen, wer mit den staatlichen Hilfen gut zurechtkommt, um dann mehr Geld für die Kneipen zu haben, welche um ihre Existenz bangen müssen.“ (Aktion Hertha-Kneipe, November 2020)

Dieser Beitrag erschien in der PLUMPE #6 (Sept 2020)