Leerstand zu Wohnraum

Plakat mit der Aufschrift "Leerstand zu Wohnraum"

Anfang diesen Jahres hat die Mieter*inneninitative aus Wedding und Moabit „Mietenwahnsinn Nord“ eine Leerstandskampagne gestartet. Im Interview mit der PLUMPE Redaktion stellen sie die Kampagne vor. 

Ihr macht eine Kampagne zum Thema Leerstand, worum geht es euch dabei?

Das Ziel der Kampagne ist Leerstand und Zweckentfremdung im Norden Berlins zu beseitigen und in demokratische Kontrolle zu überführen. Es kann nicht sein, dass Wohnungen leer stehen oder über AirBnB vermietet werden, während es kaum noch bezahlbaren Wohnraum gibt. Das ist ein Skandal!

Die Pandemie treibt diese Zustände noch auf die Spitze: Solidarität und Abstandhalten werden uns täglich gepredigt, aber Geflüchtete sollen weiter in Lagern leben müssen und Wohnungslose werden an volle Sammelunterkünfte verwiesen. Leerstand ist in solchen Zeiten der Gipfel der Provokation durch die Immobilienwirtschaft. Daher muss illegaler Leerstand umgehend beendet werden – auch mit dem Instrument der Enteignung.

Wieso nehmt ihr den Leerstand ins Visier einer Kampagne, obwohl die Leerstandsquote nach offiziellen Daten gering ist? Ist Leerstand im Wedding ein großes Problem?

Leerstände werde in Berlin nicht systematisch erfasst, einen ungefähren Überblick gibt jedoch der Mikrozensus 2018, nachdem 7% der Berliner Wohnungen leerstehen. Im Bezirk Mitte sind mindestens zwei Drittel des Leerstands auf Spekulation zurückzuführen. Leerstand ist dabei die Folge eines kapitalistischen Wohnungsmarktes: Bei steigenden Boden- und Mietpreisen setzen Eigentümer*innen mit leerstehenden Häusern auf höhere Verkaufspreise. Das Ergebnis: Spekulativer Leerstand steht steigender Wohnungs- und Obdachlosigkeit gegenüber.

Von welchen leerstehenden Objekten wisst ihr im Bezirk? 

Aus der Unmenge des Leerstandes wollen wir ein paar besonders skandalöser Fall hervorheben: Ein Fall ist die Habersaathstraße 40-48, wo über 85 sofort beziehbare Wohnungen leerstehen. Der Eigentümer will alle Häuser abreißen und Luxuswohnungen bauen. Ebenso besteht seit über 10 Jahren der Leerstand in der Osloer Straße 116a und Stettiner Straße 38. Dort befindet sich im Innenhof das Hotel „Wyndham Garden“. Die Eigentümer*innen wollen die bestehenden Wohnungen für den Hotelbetrieb umwandeln. Zwar konnte das Bezirksamt die Umwandlung verbieten, doch handelt es nur schleppend, wenn es um die Rückführung des bestehenden Wohnraums geht. Zudem schützt es den Leerstand mit Ausnahmegenehmigungen.

Wie bewertet ihr den Umgang mit Leerstand durch den Bezirk?

Das Bezirksamt handelt entweder gar nicht oder schleppend und defensiv. Mit dem Berliner Zweckentfremdungsgesetz bestehen eigentlich viele Handlungsmöglichkeiten des Bezirks. Lassen Eigentümer*innen Wohnungen ohne Erlaubnis mehr als drei Monate leer stehen, drohen hohe Geldbußen. Auch können nach einem bestimmten Zeitraum Treuhänder*innen eingesetzt werden, das hißt die Wohnung wird zwangsverwalten und vermietet. Das Bezirksamt Mitte kommt seiner Verantwortung aber nicht nach. Eine Anfrage der Abgeordneten der Linkspartei in der BVV Mitte, Katharina Mayer, vom vergangenen September ergab, dass an 3855 Ermittlungsfällen zur Zweckentfremdung gerade einmal 6,3 Mitarbeiter*innen arbeiten – vorgesehen wären 11 Vollzeitstellen. Übrigens können alle Menschen direkt beim Bezirk Leerstand oder Zweckentfremdung melden! Wenn euch Leerstand auffällt, könnt ihr selbst sofort aktiv werden.

Was ist das Ziel eurer Kampagne?

Kurz zusammengefasst lautet unser Ziel: Keine Wohnungen ohne Menschen, keine Menschen ohne Wohnungen. Wir als “Mietenwahnsinn Nord” wollen weiter Leerstand und Zweckentfremdung recherchieren, veröffentlichen und bekämpfen. Dafür sind wir aber auf Hinweise von Nachbar*innen angewiesen! Meldet euch deswegen bei uns, wenn in eurem Haus eine Wohnung leer steht, als Ferienwohnung vermietet wird oder sogar ein ganzes Haus in der Nachbarschaft vor sich hingammelt.

Weitere Informationen: miwa.noblogs.org