Themen – Das «Berliner Register zur Erfassung extrem rechter und diskriminierender Vorfälle in Berlin» erfasste im Bezirk Mitte 2018 insgesamt 495 Vorfälle, gegenüber 344 im Vorjahr 2017. Besonders auffallend ist hier die erschreckende Zunahme von rassistischen Vorfällen, insgesamt 272 im Jahr 2018, gegenüber 145 im Jahr 2017.
Darunter waren 25 körperliche Angriffe und 75 rassistische Bedrohungen und Beleidigungen. Erschreckend hoch wie im Vorjahr blieben auch antisemitische Vorfälle mit 91, jedoch nahmen auch hier Angriffe (13 statt 2017: 8) und Bedrohungen und Beleidigungen (37 statt 2017: 17) deutlich zu gegenüber z.B. vom Berliner Register auch erfassten Propaganda-Aktivitäten. Insgesamt wurden in Mitte 136 (2017: 48) Bedrohungen/Beleidigungen und 62 Angriffe (2017: 60) erfasst, mehr als in jedem anderen Berliner Bezirk.
Darunter waren auch 20 besonders aggressive Angriffe auf Personen des LGBTIQ-Spektrums. In den Ortsteilen Tiergarten, Mitte und Moabit finden auch die meisten rechten Kundgebungen, Demos und sonstige Veranstaltungen statt: 142 statt 82 im Vorjahr und diese waren fast alle rassistisch, flüchtlings- und islamfeindlich ausgerichtet.
Auf diesen überwiegend rassistisch- flüchtlingsfeindlich motivierten Veranstaltungen mischen sich zunehmend die verschiedenen rechtspopulistischen und extrem rechten Spektren und dort sind auch vermehrt antisemitische Töne zu hören, wenn z.B. George Soros für eine «Umvolkung» durch Einwanderungspolitik verantwortlich gemacht wird. Zwar war die neofaschistische NPD in Mitte kaum noch aktiv, Kameradschaften oder der III. Weg sind nur noch in einigen Ostbezirken aktiv, die Identitäre Bewegung stagniert personell auf niedrigem Niveau von ca. 20- 30 Aktiven in Berlin und muss für ihre Aktionen Helfer_innen von auswärts herankarren.
Die aggressiv rechtspopulistisch-islamfeindliche BärGiDa (Berliner Gegen die Islamisierung des Abendlandes) lockt immer weniger Anhänger, das extrem rechte «Wir für Deutschland»-Bündnis hat seine regelmäßigen Aufmärsche eingestellt und aktuelle Versuche, die Gelbwesten-Bewegung ganz von rechts zu vereinnahmen, kommen kaum an. Dennoch ist das Klima rauer geworden. Hemmschwellen sind gefallen, wie sich an den besonders angestiegenen antisemitischen und rassistischen Angriffen und Beleidigungen zeigt. Sie gehen weniger von den Aktionen organisierter Rechter aus, sondern ereignen sich im Alltag – beim Einkaufen, an öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, an Schulen. Diese Tendenzen zeigen sich auch im Wedding. Aktivitäten organisierter extremer Rechter haben wir hier kaum noch feststellen können. Lediglich die faschistischen türkischen «Grauen Wölfe» sind noch sehr aktiv, doch auch die rechtspopulistische AfD tritt öffentlich kaum und vergleichsweise eher gemäßigt auf.
Im Alltag ereigneten sich jedoch auch hier 5 rassistische, ein antisemitischer und 6 brutale LGBTIQ- feindliche körperliche Angriffe und 26 zumeist rassistische Bedrohungen und Beleidigungen, davon hier, wo sich besonders viele Menschen afrikanischer Herkunft angesiedelt haben, auch besonders viel von Anti-Schwarzem Rassismus motivierte Beleidigungen. Es besteht also leider auch im Wedding kein Grund zur Entwarnung.
Das Berliner Register ist auf Meldungen von Betroffenen und Zeug_innen angewiesen. Vorfälle (auch unterhalb der Strafbarkeit, wie z.B. rechte, rassistische Propaganda-Aktivitäten) können berlinweit unter www.berliner-register.de oder via Twitter an Berliner Register @RegisterBerlin gemeldet werden. Die Registerstelle Berlin Mitte ist erreichbar unter:
Registerstelle Berlin Mitte/NARUD e.V.
Brüsseler Straße 36, 13353 Berlin
Tel.: 030/40757551,
E-Mail: register@narud.org
Twitter: @narud_ev
Ein kurzer Überblick zu rechten und rassistischen Aktivitäten in Wedding und Mitte von Matthias Oberg, Registerstelle Berlin-Mitte. Erschienen in der Plumpe #2 (April 2019)