Hertha­-Fans vertei­digen Grundrechte – Interview mit der Fanhilfe Hertha BSC – Förderkreis Ostkurve e.V.

Themen– In Bayern ist es bereits installiert und schon längst weckt das «Polizeiaufgabengesetz», auch in Berlin die Begehrlichkeiten von Sicherheitsbehörden und Politiker*innen. Die drohende Gesetzesverschärfung wird Auswirkungen auf unser aller Alltag haben. In Fussballstadien ist dies bereits Realität. Im Kampf um Grundrechte helfen sich Fans daher gegenseitig. Die Fanhilfe Hertha BSC gab der Plumpe Redaktion ein kleines Interview.

Die Fanhilfe Hertha BSC gibt es be­reits seit einigen Jahren. Was war der Auslöser für Eure Gründung? Und: Wie sieht konkret eure fanpo­ilitische Arbeit aus?

Auslöser für die Gründung 2013 war die immer weiter zunehmende Repression durch die Polizei und die Justiz. Die Leute brauchten Informationen, wie sie am besten damit umgehen sollen und sich dagegen wehren können. Konkret stehen wir allen Herthanern, die im Rahmen vom Fußball von staatlicher Repression betroffen sind, als Ansprechpartner zur Verfügung. Wir vermitteln Anwälte, kümmern uns um Datenauskünfte und schauen der Polizei auf die Finger.

Fußballfans sehen sich vor und in den Stadien Spieltag für Spieltag Repressalien gegenüber. Sind die Arenen zu einer Art Übungsfeld für Gesetzesverschärfungen gewor­den? (Stichwort Polizeiaufgaben­gesetz)

Definitiv werden Fußballfans von Polizei und Sicherheitsfanatikern als Versuchskaninchen missbraucht. Dauervideoüberwachung sowie Einschränkungen der Versammlungs- und Bewegungsfreiheit gehören für viele Fans zum Alltag. Gesellschaftlich wird das akzeptiert, da Fans und insbesondere Ultras keinerlei Lobby besitzen und gemeinhin als Chaoten verschrien sind. Die neuen Instrumente der Polizeigesetze werden Fußballfans ganz sicher in absehbarer Zeit zu spüren bekommen.

Sollte Pyrotechnik in den Stadien legalisiert werden? Was erwartet ihr vom Vorstand und der Ge­schäftsführung von Hertha BSC?

Jede Entkriminalisierung von Pyrotechnik ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn unsere Geschäftsführung dabei mithilft, umso besser.

Vereint trotz unterschiedlicher Farben – sind Fanhilfen ein Hebel für ein solidarisches Miteinander unter Fußballfans?

Definitiv! Die Erkenntnis, dass der Kampf gegen Repressionen nur vereinsübergreifend sinnvoll geführt werden kann, ist in Deutschland sehr ausgereift. Zusammenarbeit zwischen Fans verschiedener Vereine gibt es bei vielen Themen, die halt alle auch betreffen. Daher arbeiten auch die Fanhilfen zusammen, denn die Repression der Polizei betrifft alle. Gute Ideen einzelner Fanhilfen können auch an anderen Standorten funktionieren und somit übernommen werden.

Wo seht ihr über Fanhilfen hinaus Bündnispartnerinnen und Bündnis­partner, um Fan­ und Bürgerrechte zu verteidigen?

Erster Bündnispartner für uns sind natürlich alle Herthaner. Ebenso sollten auch die Vereine im Bilde sein, was da mit ihrer Anhängerschaft Woche für Woche gemacht wird. Darüber hinaus braucht es auch Abgeordnete, die die richtigen Fragen stellen und eine Öffentlichkeit, die polizeiliches Fehlverhalten thematisiert. Der Blick auf die Polizei darf nicht mehr durch eine «Freund und Helfer»-Ideologie verschleiert werden, sondern sollte grundsätzlich kritisch erfolgen. Das ist nicht feindselig, sondern rechtsstaatlich notwendig.

Ein Interview von Oliver Rast erschienen in der Plumpe #2 (April 2019)