Mit Charme und Schere – Gespräch mit einem der letzten Kiezfriseurläden im Wedding

Themen– «Kiezfriseur» prangt auf dem Ladenschild vom Salon Yasemin in der Maxstraße 6. Teslime K. hat den Laden vor knapp 33 Jahren übernommen und wurde später unterstützt von ihrem Sohn Bünyamin K. Der Familienbetrieb ist mittlerweile eine Rarität. Beide sind Meister ihres Fachs und die Plumpe hat von ihnen, als Nachbar*innen, eine paar persönliche Eindrücke gesammelt:

Seit wann gibt es euren Laden und wie kam es dazu?

Bünyamin: Den Laden gibt es seit 1986. Er wurde von meiner Mutter übernommen, ich bin jetzt seit 6 Jahren dabei. Teslime: Damals war ich mit meiner Arbeit nicht so zufrieden, ich habe in einem großen Betrieb in Steglitz gearbeitet. Meine Schwiegereltern wohnten in der Maxstraße 5 und eines Tages sind wir hier vorbeigekommen, der Laden war zu vermieten. Ich war sehr jung und ohne viel zu überlegen, mit blindem Vertrauen, bin ich in die Sache rein. Schon immer hab ich mich in meine Arbeit reingehangen.

Was für Menschen kommen zu euch und was glaubt ihr schätzen eure Kund*innen an eurem Friseursalon?

Teslime: Alle sind dabei, also aus allen Schichten eigentlich. Bünyamin: Und alle Nationalitäten eigentlichen auch. Die meisten schätzen das Familiäre hier, es ist nicht wie bei großen Ketten, wo es eher wie bei der Fließbandarbeit ist. Bei uns geht es persönlicher zu, das wird geschätzt. Teslime: Ein paar kleinere Läden wie diesen gibts noch, aber das sind wenige. Die sind auch so wie ich, schon lange im Geschäft. Neueröffnungen kleiner Läden habe ich bisher nicht mehr gesehen – nur noch reine Herrenfriseure.

Was hat sich in den Jahren seit der Eröffnung für euch persönlich und im Laden verändert?

Bünyamin: Ich kann sagen: Ja es hat sich verändert – also auch das Klientel. Es sind viel mehr Studenten und Menschen aus dem Prenzlauer Berg, die hierher gezogen sind. Also schon hauptsächlich Akademiker. Es ist nicht mehr so «ghettohaft» wie früher, finde ich. Teslime: Sagen wir mal, es ist nicht mehr so eine echte Arbeitergegend. Bünyamin: Es gibt auch viele neue Geschäfte im Umfeld, die gehen so in diese Szene-Richtung wie Kreuzberg/Neukölln. Wir merken, dass wir dadurch auch viele Neukunden haben und die kommen teilweise aus allen möglichen Städten. Teslime: Die Mischung hat sich auch verändert. Man merkt, dass mehr Leute auch ohne einen Migrationshintergrund nun in den Wedding ziehen wollen.

Der Wedding beheimatet viele ver­ schiedene Lebensrealitäten, arm und reich, hier geboren und zuge­zogen, usw. – Wie nehmt ihr diese Mischung wahr und wie wünscht ihr euch euren Kiez?

Bünyamin: Klar es ist teilweise schon ganz schön dreckig auf den Straßen, der Sperrmüll kann ruhig verschwinden. Aber gleichzeitig wünsche ich mir auch, dass die Mieten aufhören zu steigen! Wir spüren es jetzt hier nicht direkt, aber viele Kunden und Nachbarn nebenan berichten darüber. Teslime: Es sollen auch die Normalverdiener hier wohnen können, nicht nur Besserverdiener… die mit weniger sind auch schon weggezogen, so zum Beispiel auf der Seestraße – darunter auch viele Stammkunden. Doch die Mischung ist schön, noch hält es sich die Waage. Bünyamin: Ein besseres Zusammenleben soll möglich sein. Und noch mehr Kundschaft schadet natürlich auch nie. Aber sonst sollen die Leute einfach locker sein, Spaß am Leben haben und die Kultur im Kiez schätzen. Teslime: Wir würden gern hier bleiben dürfen!